Umgang mit Beleidigung und Körperverletzung


In den Ratsprotokollen des 16. Jahrhunderts werden immer wieder Gesetzesübertretungen thematisiert. Beispielhaft für den Umgang mit (kleineren) Vergehen sind die beiden folgenden Einträge.


Band 02, Seite 32, 5. Eintrag (Transkription noch nicht online).

„Am selben Tag [20.6.1533] ist durch einen Ehrsamen Rat einträchtig beschlossen worden, dass man Walter Mey, Fassspüler, das Fassspüleramt nehmen soll und einem anderen geben und ihn auf die Pforte bestellen, da er den Bürgermeister Peter Grunßgen verächtlich gemacht hat und zu einem Fremden sprach: ‚Ist der Bürgermeister zornig, dann geh hin und leck ihn am Arsch!‘“

Was man sich genau unter einem städtischen Fassspüler vorstellen kann, muss trotz Recherche bisher offen bleiben.


Die Formulierung, dass jemand auf die Pforte bestellt wird, findet sich bei Vergehen häufig. Vermutlich wurde der Delinquent zur Pforte zitiert und dort zur Besserung gemahnt, z. T. unter Androhung einer Geldstrafe. An anderer Stelle wird der Pfortengang als leichtere Art der Haft bezeichnet. Erich Wisplinghoff weist darauf hin, dass dieses Vorgehen so geläufig war, dass es nirgendwo näher erläutert wurde. Ziel war es, den Täter zum Gehorsam zu veranlassen. Dieser konnte auch, wie im nächsten Fall, durch eine sofortige Haftstrafe erzwungen werden. Gelegentlich widersetzten sich die Beschuldigten einer Geldstrafe und wurden gegenüber Gerichtsboten und Stadtvätern ausfällig oder handgreiflich.


Im September des Jahres 1554 wird Walter Mey nochmals erwähnt. Ihm wird als Leprakrankem vom Rat Wohnung und Verpflegung gestellt, wie dies auch bei Armen üblich war. Ob es sich bei diesen Fällen um die Taten bekannter Raufbolde handelte oder die einmaligen Übertretungen ansonsten unbescholtener Bürger, ist den Protokollen nicht zu entnehmen.


Band 02, Seite 36, 3. Eintrag (Transkription noch nicht online).

„Am Freitag nach Martin dem heiligen Bischof [14.11.1533] ist durch einen Ehrsamen Rat einträchtig beschlossen worden, dass man Gottschalk Spoir aus Ürdingen ins Gefängnis bringen soll, da er Ewald Kop, Kirchmeister, mit der Faust geschlagen hat, so dass ihm Nase und Mund bluteten. Später am Abend, als der oben genannte Ewald von Arndt Fraitz‘ Hochzeit kam und auf dem Nachhauseweg war, hat Gottschalk Ewald an Rembolt Tolleners/Zöllners Haus an der Niederstraße gelegen aufgelauert und Ewald bis an sein Haus verfolgt und sein Messer in die Tür gestoßen, wie man sagt.“

Vermutlich derselbe Gottschalck Spoir wird 1539 von den beiden Bürgermeistern Johann Pilgrum und Peter Bruwer erstaunlicherweise als Waidmesser und Tuchstreicher eingesetzt. Der Waidmesser war für die Erhebung und das Messen des (Färber)waids zuständig. Der Tuchstreicher war ebenfalls ein Amtsträger, der das angebotene Tuch rüfte.


Originaltexte der Passagen:

Wolter Mey
peccavit contra
Consuln
Item up den selven dach ys durch eyn Ersam Raidt eyndrechtlich verdragen dat man wolter mey Vayspoeler / dat Vaysspoler ampt nymmen sall ind einem anderem geven ind yn up die portz gebieden So hie den Burgemeister Peter Grunszgen veracht hait / ind zo eynem frempden man spraich / ys der Burgemeister Peter zornich So ganck hyn ind lecke yn ime arss.

Gotschalck Spoir
Item up fridach na Martini des heiligen busschoff ys durch eyn Ersam Raidt eyndrechtlich verdragen dat man Gotschalck Spoir van Urdingen gefencklich settzen sall so hie Ewalt Kop kyrchmyster myt der fuyst geslagen hait dat yem nase ind mont bloden und dar na des aventz / as Ewalt vurschreven vom Arnt Fraitz brulich qwam ind zo huyss wolde gayn / hed Gotschalck / Ewalt / an Rembolt Tolleners huyss up der Nederstraissen gelegen geweghe laicht ind Ewalt bys an synen huyss na geluyffen ind in syne duyre myt synem metz gestoichen / as man spricht.



Wisplinghoff, Erich: Geschichte der Stadt Neuss. Teil 1: Von den mittelalterlichen Anfängen bis zum Jahre 1794 (= Schriftenreihe des Stadtarchivs Neuss, Bd. 10, Teil 1), Neuss 1975.